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Geltungsbereich der Norm
Die Glasbemessung nach DIN 18008-1 definiert die Anforderungen an verschiedene Verglasungsarten sowie deren konstruktive Eigenschaften. Sie umfasst Glasprodukte mit einer Dicke von 2 mm bis 25 mm und regelt ausschließlich nicht aussteifende Verglasungen, wie beispielsweise :
Grundlagen der Glasbemessung
- Verglasungen, die lediglich ausfachend in Baukonstruktionen eingesetzt werden.
- Nichttragende innere Trennwände, einschließlich beweglicher Trennwandsysteme.
Nicht von dieser Norm erfasst sind:
- Verglasungen, die befahrbar sind.
- Verglasungen, die planmäßigen Flüssigkeitslasten ausgesetzt sind.
- Tragend verklebte Verglasungen.
Die Unterkonstruktion der Verglasung wird in dieser Norm nicht geregelt und erfordert eine separate statische Bemessung nach den geltenden technischen Bauvorschriften.
Anwendungsbereiche der Glasbemessung
Die Norm unterscheidet zwischen vertikalen und horizontalen Verglasungen basierend auf deren Neigungswinkel:
Vertikalverglasungen (≤ 10° Neigung)
Dazu zählen unter anderem:
- Typische Fenster- und Fassadenkonstruktionen.
- Verglasungen mit absturzsichernder Funktion oder Umwehrungen.
Horizontalverglasungen (> 10° Neigung)
Diese umfassen:
- Überkopfverglasungen, beispielsweise bei Dächern und Vordächern.
- Verglasungen in Sheddächern.
- Begehbare horizontale Verglasungen.
- Durchsturzsichere Verglasungen mit Neigungen von 0° bis 180°.

Glasarten im Fokus der Glasbemessung
Je nach Anwendungsfall werden unterschiedliche Glasarten eingesetzt, die sich in ihrer Biegefestigkeit und Bruchstruktur unterscheiden:
- Floatglas (Kalk-Natronglas) – DIN EN 572
- Biegefestigkeit: fk = 45 N/mm²
- Grobe Bruchstruktur mit eher geradem Rissverlauf.
- Teilvorgespanntes Glas (TVG) – DIN EN 1863
- Biegefestigkeit: fk = 70 N/mm²
- Grobe Bruchstruktur mit gekrümmtem Rissverlauf.
- Einscheibensicherheitsglas (ESG) – DIN EN 12150 / heißgelagertes ESG nach DIN EN 14179
- Biegefestigkeit: fk = 120 N/mm²
- Feinkrümeliges Bruchbild zur Reduzierung von Verletzungsrisiken.
Wichtiger Hinweis: Oberflächenveränderungen wie Ornamentierung oder Emaillebeschichtungen können die Festigkeit der Gläser beeinflussen und sollten in der Bemessung berücksichtigt werden.
- Mehrscheiben-Isolierglas (MIG) – DIN EN 1279
- Wird für energetisch optimierte Verglasungen eingesetzt, insbesondere zur Verbesserung der thermischen Isolation von Gebäuden.
Glasarten – Verbundglas (VG) und Verbundsicherheitsglas (VSG)
Verbundglas (VG)
Verbundglas gemäß DIN EN 14449 besteht aus mehreren Teilglasscheiben, die durch Zwischenschichten miteinander verbunden sind. Dieses Material weist keine nachgewiesene Splitterbindung auf, wodurch es im Schadensfall keine gezielte Rückhaltung von Glassplittern bietet.
Verbundsicherheitsglas (VSG)
Verbundsicherheitsglas entspricht ebenfalls der Norm DIN EN 14449, unterscheidet sich jedoch durch den Einsatz von mindestens zwei Glasscheiben, die mit einer speziellen Zwischenschicht, wie beispielsweise PVB-Folien (Polyvinylbutyral), verklebt sind. Alternativ können auch andere zugelassene Zwischenschichten, wie Sentryglas®, verwendet werden. Diese Konstruktion sorgt für eine höhere Sicherheit, indem die Glassplitter im Falle eines Bruchs an der Zwischenschicht haften bleiben.
Anwendungsbereich und Vorteile
- Verbundglas (VG) wird häufig für dekorative oder funktionale Verglasungen ohne besondere Sicherheitsanforderungen verwendet.
- Verbundsicherheitsglas (VSG) bietet zusätzlichen Schutz gegen mechanische Einwirkungen und reduziert die Verletzungsgefahr durch Splitter. Es wird insbesondere für absturzsichernde Verglasungen, Dachverglasungen und Bereiche mit erhöhten Sicherheitsanforderungen eingesetzt.
Sicherheitsnachweise in der Glasbemessung
Die Norm DIN 18008-1 stellt sicher, dass Verglasungen zuverlässige, standsichere und gebrauchstaugliche Lösungen bieten. Besondere Beachtung gilt dem spröden Bruchverhalten, welches je nach Anwendungsfall geprüft werden muss. Dabei stehen zwei zentrale Aspekte im Fokus:
- Verkehrssicherheit: Sicherstellung, dass die Verglasung bei Bruch keine unmittelbare Gefahr für Personen darstellt.
- Resttragfähigkeit: Prüfung, ob nach einem Bruch weiterhin eine begrenzte Tragfähigkeit vorhanden ist.
Die detaillierten Prüfanforderungen sind in den entsprechenden Anhängen der Norm spezifiziert.
Innere Einwirkungen
Mehrscheiben-Isolierglas ist insbesondere klimatischen Einwirkungen ausgesetzt. Dabei spielen folgende Faktoren eine Rolle:
- Temperaturänderungen (ΔT\Delta TΔT)
- Druckschwankungen (Δp\Delta pΔp)
- Höhenunterschiede (ΔH\Delta HΔH)
Zusätzlich werden standardisierte Werte zur Bemessung herangezogen, ergänzt durch Zuschläge für spezielle Belastungsszenarien.
Bemessungskonzept
Zur Berechnung der Tragfähigkeit und Sicherheit von Verglasungen werden verschiedene Parameter berücksichtigt:
- Ergänzende Kombinationsbeiwerte zur Lastannahme.
- Sicherheitsfaktoren und modifizierte kmod_{mod}mod-Werte zur Berücksichtigung von Materialeigenschaften und Belastungssituationen.
- In bestimmten Fällen können alternative kmod_{mod}mod-Werte aus weiteren technischen Regelwerken herangezogen werden.
Innere Einwirkungen bei MIG

Tragwiderstand für Gläser mit thermischer Vorspannung (TVG, ESG):

Tragwiderstand für Gläser ohne thermische Vorspannung:

Bei Zugspannung an der Glaskante:

Bei VSG mit Zugspannung an der Glaskante:

Nachweisführung in der Glasbemessung
Nachweise
Die Bemessung von Verglasungen erfolgt auf Basis folgender Methoden:
- Materialmodell: In der Regel wird ein linear-elastisches Materialmodell verwendet.
- Schubverbund: Dieser wird üblicherweise nicht angesetzt, mit Ausnahme von Isolierglas bei Klimabelastungsberechnungen oder wenn eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (AbZ) vorliegt.
- Nichtlineare Effekte: Geometrisch nichtlineares Verhalten, wie der sogenannte Membraneffekt, kann sich ungünstig auswirken und muss daher gegebenenfalls berücksichtigt werden.
Fazit
- Die Ermittlung von Belastungsszenarien und die Berücksichtigung variierender Bemessungswiderstände erfordern in vielen Fällen eine rechnergestützte Bemessung.
- Gleichzeitig ermöglichen diese Methoden eine wirtschaftlichere und optimierte Dimensionierung der Verglasungselemente.
Linienförmig gelagerte Verglasungen
Lagerungsarten und Anwendungen
- Vierseitige Lagerung:
Diese wird häufig in klassischen Fenster- und Fassadenkonstruktionen angewendet, darunter Fensterrahmen, Elementfassaden sowie Pfosten-Riegel-Fassaden. - Zweiseitige linienförmige Lagerung:
Mindestens zwei Seiten der Verglasung müssen durchgehend linienförmig unterstützt werden. Die Lagerung muss nicht zwingend gegenüberliegend erfolgen. - Einseitige linienförmige Einspannung:
Typischerweise wird diese Lagerungsart beispielsweise bei Geländern mit durchgehendem Handlauf angewendet. - Lagerung mit beidseitiger Wirkung:
Die Lagerung der Verglasung kann in zwei Richtungen senkrecht zur Scheibenebene wirksam sein, was insbesondere für erhöhte Stabilität sorgt. - Besondere Anwendungen bei Überkopfverglasungen:
Verbundsicherheitsglas (VSG) kann entweder aus teilvorgespanntem Glas (TVG) oder Floatglas bestehen, wobei für Überkopfverglasungen eine entsprechende Ausführung erforderlich ist. Mehrscheiben-Isolierglas (MIG) wird für die untere Lage eingesetzt.
Spezielle Nachweise und Anforderungen
- Kleine Isolierverglasungen:
Für kleinere Isolierverglasungen mit geringem Schadenspotenzial gelten vereinfachte Nachweisverfahren (siehe Abschnitt 6.1.4). Insbesondere für Klimabelastungen sind reduzierte Sicherheitsfaktoren anwendbar. - Ausfallszenario bei Mehrscheiben-Isolierglas (MIG):
Der Bruch der obersten Einzelscheibe einer horizontalen Isolierverglasung wird als außergewöhnlicher Lastfall betrachtet (Abschnitt 6.1.6). In diesem Szenario wird für die Bemessung der Faktor Ad=0A_d = 0Ad=0 angesetzt, wodurch sich ein Lastfaktor von mit Ad = 0, also: 𝛾ₘ = 1,00 + 𝜓₁ ergibt. Dies bedeutet, dass der Bruch der oberen Scheibe keine zusätzlichen Lasten verursacht. - Resttragfähigkeit:
Der Nachweis der Resttragfähigkeit erfolgt unabhängig von der Einbauart der Verglasung. Hierzu verweist die Norm auf die spezifischen Vorgaben in Abschnitt 6.2 sowie auf weitere detaillierte Regelungen in Anhang B. - Zuverlässigkeitsindex für sicherheitsrelevante Verglasungen:
Bei heißgelagertem Einscheibensicherheitsglas (ESG) sind besondere Anforderungen für sicherheitsrelevante Anwendungen zu erfüllen. Die Produktnorm sieht in solchen Fällen eine Fremdüberwachung vor, um eine gleichbleibende Qualität und Sicherheit zu gewährleisten (siehe Anhang C).
Punktförmig gelagerte Verglasungen
Geltungsbereich der Norm
Die folgenden Lagerungsarten von Verglasungen fallen unter die Bestimmungen der Norm:
- Starre Tellerhalter in zylindrischen Glasbohrungen.
- Eck- und Randklemmhalter zur Fixierung der Verglasung.
- Formschlüssige mechanische Lagerung für alle Glasscheiben.
- Geklemmte vertikale Isoliergläser zur strukturellen Befestigung.
- Mischsysteme, die sowohl punkt- als auch linienförmige Lagerung kombinieren.
- Punktförmig gelagerte Horizontalverglasungen, sofern eine nachgewiesene Resttragfähigkeit besteht (siehe Tabelle 2).
Lagerungen mit bauaufsichtlicher Zulassung (AbZ) oder allgemeiner bauaufsichtlicher
Prüfbescheinigung (AbP)
Für bestimmte Haltesysteme und Verglasungsarten ist eine nachgewiesene Tragfähigkeit erforderlich:
- Halter mit geprüfter Tragfähigkeit, geregelt in spezifischen Anhängen der Norm (z. B. Anhang D).
- Horizontalverglasungen, die eine nachgewiesene Resttragfähigkeit aufweisen.
Lagerungsarten außerhalb der Norm (eigener Verwendbarkeitsnachweis erforderlich)
Die folgenden Lagerungssysteme fallen nicht unter die Regelungen der Norm und erfordern
einen individuellen Verwendbarkeitsnachweis:
- Gelenkige Tellerhalter, die eine flexible Befestigung ermöglichen.
- Punktförmig gelagerte Mehrscheiben-Isoliergläser (MIG).
- Gelenkige oder starre Senkkopfhalter, insbesondere bei konischen Bohrungen.
- Sonderbauformen, die nicht den typischen Standardanwendungen entsprechen.
Mind. 3 punkförmige Lagerungen mit max. 120° des eingeschlossenen Winkels.
Lagerung wirksam in beide Richtungen senkrecht zur Scheibe.
- Mindestrand- und Zwischenabstände
für Bohrungen beachten.
- Maximale Überstände für Auskragungen
von Horizontalverglasungen.
Tellerhalter (Material Stahl, NiRo, Alu)
Nur vorgespannte Geläser, kein MIG
Eck- und Randklemmhalter
VSG aus Float, MIG und ESG-H [mono] vertikal möglich, kleinere Klemmtiefen möglich